Sur Le Lac Festival mit Klaus Johann Grobe: «Wir sind aber auch zwei sehr uneuphorische Menschen.»

Wir waren am Sur Le Lac und haben nicht nur nur gute Musik genossen, sondern auch mit Klaus Johann Grobe gesprochen.

Vor kurzem rief das Sur le Lac Festival auf der Eggersrieter Höhe zum gemütlichen Verweilen mit äusserst guter Musik auf. Nach einem kurzen, jedoch steilen Aufstieg wurde man mit einem wunderbaren Ausblick auf den Bodensee begrüsst. Spätestens jetzt versteht man die Namenswahl des Festivals. Das Sur Le Lac zeichnet sich durch eine familiäre und entspannte Stimmung aus. Man kann gemütlich in die Wiese liegen und das Festivaltreiben mit etwas Abstand geniessen oder vor den Bühnen stehen und ganz nah den Künstler*innen und Bands lauschen.

Eine dieser Bands, die am diesjährigen Sur Le Lac das Publikum in ihren Bann zogen, waren Klaus Johann Grobe. Von ihnen trafen wir Sevi Landolt und Daniel Bachmann zum Gespräch.

Severin (Orange Peel): Eure Bandgeschichte startet mit einem Paukenschlag. Kurz nach der Veröffentlichung eurer ersten EP, kloppte das Label Salvation Records aus Liverpool an. Wie war das für euch?

Daniel: Es ist lustig ich kann mich noch sehr gut daran erinnern! Es war etwas nach Liverpool, wir hatten einen schimmelverseuchten Bandraum und machten bereits seit etwa acht Jahren gemeinsam Musik. Es war alles noch ganz normal, wir machten einfach Musik und spielten ein paar Konzerten. Manchmal vor wenigen, manchmal vor mehr Leuten. Ab und an machte man eine CD, von der man eine Handvoll verkaufte. Dann kam auf einmal die Anfrage aus Liverpool. Plötzlich begann das ganze zu rollen, ohne, dass man wirklich etwas dafür machte. Wir hatten das Gefühl, es könnte nun tatsächlich mal funktionieren und wir können nun vielleicht etwas mehr live spielen. 

Sevi: Wenn ich mich richtig daran erinnere, war es eine ziemlich nüchterne Feststellung. So à la: «Oh, dass hätte ich nun gar nicht erwartet, aber spannend». Der Moment mit dem Korkenknallen hatten wir nicht. Wir sind aber auch zwei sehr uneuphorische Menschen.

Kurz darauf klopfte das nächste Label (Trouble In Mind Records aus Chicago) an. Wart ihr da immer noch gleich nüchtern?

Sevi: Da war es etwas anders. Ich hab gerade diese Woche etwas sinniert und mir überlegt, wem wir alles zu danken hätten, um zu unserer heutigen Situation gekommen zu sein. Wenn wir dies nun in Prozente aufschließen müssten, hätten wir wohl dem International Festival of Psychedelia in Liverpool etwa 75% zu verdanken. Weil das waren halt Freaks, welche die halsbrecherische Idee hatten uns als kleine Band auf die Hauptbühne zu stellen. Und dies noch zu einer wunderbaren Zeit! Es fühlte sich sehr surreal an. Kurz nach diesem Konzert kam dann das amerikanische Label auf uns zu. Es war sehr speziell, da wir ja nie so etwas geplant hatten. Das war der grösste Schritt bis heute.

Daniel: Wir haben aber auch unsere gesunde Naivität behalten. 

Sevi: Immer noch!

Daniel: Oder man versucht es mindestens eine jugendliche Frische zu behalten. Ich hab kürzlich ein Interview von uns gesehen, das wir am Reeperbahn Festival gemacht haben. Der Interviewer versuchte uns immer etwas herauszulocken, wie es denn sei, an diesem wichtigen Festival zu spielen. Wir meinten halt, es sei für uns einfach ein Konzert, auf das wir uns freuen. Unser Booker sagte uns zwar das Festival sei sehr wichtig, doch das wussten wir nicht. 

Also habt ihr diese Karriere nie wirklich angestrebt, sondern alles aus der Leidenschaft für die Musik getan.

Daniel: Ja, aber wir haben unsere Chance wahrgenommen. Wir nahmen die Mühe und einige Strapazen auf uns. Aber wir haben nicht darauf hin gearbeitet. 

Sevi: Es passierte eigentlich immer alles irgendwie. Bei einem Fussballer heisst es immer, er müsse sich sein Glück erkämpfen. Unser Glück haben wir uns nicht erkämpft. Deswegen ist es wohl bis heute auch so unverkrampft. 

Eure Texte sind in deutscher Sprache und nicht auf Schweizerdeutsch. War dies schon immer so?

Sevi: Es gibt dazu nicht wirklich eine Geschichte. Zur Zeit unserer ersten EP machte ich zwei Songskizzen. Diese waren unbewusst auf Hochdeutsch. Lustigerweise machte Dani und ich zuvor noch nie Musik auf Hochdeutsch. Es passte einfach irgendwie – zudem ist man viel wortgewandter, als mit irgendwelchen in Wörterbüchern zusammengesuchten Wortfloskeln. 

Erst kürzlich wart ihr noch auf Tour in den USA. Merkt ihr ein Unterschied bezüglich des Publikums, wenn es eure Texte nicht versteht?

Daniel: Sehr wenig! In Deutschland sind wirklich Fans im Publikum, da merkt man, dass sich die Stimmung bei gewissen Songs verändert. In englischsprachigen Ländern ist das Publikum halt teils auch bei traurigen Liedern immer noch am hüpfen und feiern. 

Sevi: In Deutschland merk ich auch den grössten Unterschied. Ich merk einen persönlichen Unterschied, ich werde etwas nervöser, wenn ich weiss, dass die Leute den Text verstehen. 

Ihr seid viel unterwegs und habt einige Geschichten auf Tour erlebt. Eines dieser Ereignisse war der Einbruch in euren Tourbus in Amsterdam.

Sevi: Es hatten sicher alle zuerst die eine oder andere Träne verdrückt. Aber wenn man sieht was andere Leute erleben müssen, ist gestohlenes Equipment dagegen ein «Schiissdräck». Wenn man dann aber so viel Solidarität erleben darf, ist das sehr eindrücklich. Es war krass, wie viele Leute uns helfen wollten. 

Wie zeigte sich diese Solidarität?

Daniel: Das Problem war ja, dass wir am selben Abend noch ein Konzert hatten. Wir wussten nicht, wie wir dieses spielen sollten. Dann ging es los. Viele wollten uns ihr Equipment ausleihen. Zwei gute Freunde von uns sind dann mit einem Bus acht Stunden nach Köln gefahren, um uns Equipment auszuleihen. So konnten wir die Tour zu Ende spielen. Doch es hörte fast nicht auf mit der Solidarität. Es haben uns ein paar hundert Leute gar Geld für Equipment gespendet und uns aufbauende Nachrichten gesendet. 

Vor nicht allzu langer Zeit habt ihr ein neues Album veröffentlicht. Darauf gibt es ein paar Änderungen, so wurde die Orgel mit einer Gitarre ersetzt. Wie kam es dazu?

Daniel: Ich hab mir eine Gitarre gewünscht. 

Sevi: Ja, der Daniel juckte mich stets. Zuvor passte die Gitarre einfach noch nicht wirklich. Beim Song «Discogedanken» war sie das erste Mal dabei und wir fanden, es funktioniert.

Das: Das Örgelchen ist mehr durch einen Zufall rausgeflogen. Bei den ersten Versuchen im Studio war es noch dabei. Doch wir empfanden den Sound frischer ohne. Das Örgelchen gibt halt sofort einen Retrobeigeschmack. 

Die visuellen Impressionen wurden von Sam Aebi eingefangen.