Die Orange Peel Swiss Sounds des Jahres 2020

Nach unserern Lieblingsalben folgt nun der Jahresrückblick auf unsere Highlights des Schweizer Musikjahres 2020.

Es war kein einfaches Jahr für viele Kulturakteur*innen, Clubs und Konzerthäuser. Auch viele Künstler*innen der Schweizer Popwelt haben spüren müssen, dass sie weder vom Applaus, noch von den Streams der Techgiganten leben können. Darum auch hier wieder der dringende Hinweis und Appell an die Leser*in, neben der Bequemlichkeit des Streamens auch daran zu denken, deine lokalen Lieblingskünstler*innen aktiv zu unterstützen. Beispielsweise über Bandcamp, lokale Plattenläden oder direkt über die individuellen Webshops der Künstler*innen.

Einige unserer Lieblingsacts und -songs, welche dieses Jahr der Schweizer Musikwelt entsprungen sind, findest du in dieser Jahresbestenliste.

Zu dieser Jahresbestenliste haben folgende Autor*innen beigetragen: Melanie Biedermann (MB), Benedikt Geisseler (BG), Louis Felder (LF), Kevin Mc Loughlin, Kilian Mutter (KM), Ramon Juchli (RJ), Severin Kaufmann (SK) und Simon Gwinner (SG).

20. Louis Jucker «31 Years of Waiting for This»

Es ist nicht so, dass wir 31 Jahre auf neue Musik des Coilguns-Sängers hätten warten müssen. Und doch fühlt sich «31 Years Of Waiting For This» genau so erfrischend an. Die Härte, welche man von seiner Hauptband kennt, dringt nur gerade in der verzerrten Gitarre dieses ansonsten relativ ruhigen Songs durch. Und doch gelingt es Louis Jucker, durch cleveres Songwriting ganz viel Energie daraus zu schöpfen. (KM)

Louis Juckers Something Went Wrong gibt’s auf Bandcamp sowie allen gängigen Streamingplattformen.

19. Annie Taylor «Where The Grass Is Greener»

Rockmusik ist noch lange nicht tot. Auch das Quartett Annie Taylor aus Zürich überzeugte auf ihrem in diesem Jahr erschienenen Debütalbum mit beherzten und kraftvollen Grunge- & Psychedelic-Rock Songs, welche sich an die 60er anlehnen. Das Album widmet sich der Vergänglichkeit, um wiederum bewusster zu leben und die schönen Momente mehr schätzen zu lernen. Vor allem die ruhigeren Songs wie «Where The Grass Is Greener» vermitteln dieses Gefühl und fahren tief ein. (LF)

Annie Taylors Sweet Mortality erschien über Taxi Gauche gibt’s auf Bandcamp, im eigenen Merch-Webshop, sowie auf allen gängigen Streamingplattformen. Unseren Review zum Album findest du hier.

18. Lil Bruzy «Poschte»

Magische Momente im Supermarkt: «D Wält staht still. Ich suech Sänf mit Dill.» Auf «Poschte» erreicht Lil Bruzys zur Schau gestellte Entspanntheit einen neuen Höhepunkt. Der Zürcher schwebt über das smoothe Instrumental, massgeschneidert von Melodiesinfonie. Wer es schafft es, das Nicht-Einscannen von Gourmet-Food cool klingen zu lassen, gehört in jede Jahresbestenliste. (RJ)

Lil Bruzys Easy Going gibt’s auf Bandcamp sowie allen gängigen Streamingplattformen.

17. Leoni Leoni «Langsam Müed»

Mit ihrem neuen Album Easy Sleep, lädt Leoni Leoni in eine meditativ und behutsam ausgearbeitete Schlummerwelt ein. Fast schon hypnotisch wird man von einer träumerischen Klangwelt in die nächste getragen. In «Langsam Müed» umschlingen organische Synthesizerklänge den zarten Gesang von Leoni und ähnlich wie beim Träumen tauchen immer wieder neue quirlige Elemente auf. Leoni Leoni schafft damit den bitter notwendigen Entschleuniger für dieses ungestüme und hoffentlich bald zu Ende gehende Jahr. (SG)

Leoni Leonis Easy Sleep erschien über BlauBlau Records, gibt’s auf Bandcamp sowie auf allen gängigen Streamingplattformen.

16. L’Éclair «Dallas»

Bräuchte Tarantino für seinen nächsten Film eine passende Schweizer Band, die Genfer wären weit vorne mit dabei. Doch ihre Song schaffen weit mehr als cineastische Klangbilder. Auf «Dallas» glorifizieren sie ihr virtuoses Gitarrenspiel und überzeugen mit einfach, aber schön komponierten Melodien. Dem gesamten Sound drücken sie zudem einen psychedelischen 70er-Schleier auf, der weitere Räume für Improvisationen zulässt. (BG)

L’Éclairs нощта erschien über Les Disques Bongo Joe, gibt’s auf Bandcamp sowie allen gängigen Streamingplattformen.

15. Film 2 «Fünfzigtausend Sterne»

Nebst dem besten Intro des Jahres, bietet der neue Song von Film 2 ganz viel düsteren Krautrock, gepaart mit postrockigen Elementen. Schonungslos und energievoll wird ab dem ersten Ton auf den Hörenden eingedrescht, wobei der Beat nie aus der Spur läuft. Ende Jahr präsentieren die Luzerner ihr erstes Album Unbewusste Liebe. (BG)

Die Single «Fünfzigtausend Sterne» gibt’s auf Bandcamp sowie allen gängigen Streamingplattformen. Das Debütalbum erscheint am 21. Dezember über BlauBlau Records

14. B77 «The Rainbow»

Für ihr neues Album The Wonderful Labyrinths of the Mind erschuf das Duo aus Freiburg eine musikalische Märchenreise durch das menschliche Gehirn. «The Rainbow» setzt darauf eines der Highlights für die Synapsen. Dumpfe Bläser hier, verspielte Synths dort: Die Impressionen könnten vielfältiger nicht sein. B77 bricht mit den gängigen Electro-Pop-Stücken der Vergangenheit und schreibt schrille und fabelhafte Welten. (BG)




B77’s The Wonderful Labyrinths of the Mind erschien über Half Awake Records und gibt’s auf allen gängigen Streamingplattformen.

13. Dawill feat. Cobee «Tschugger»

Von Basel über Hong-Kong bis Portland hat die Polizei dieses Jahr keine Beliebtheitspunkte gesammelt. Dawill und Cobee halten den Verfehlungen der Staatsgewalt spielerisch entgegen. Der Dembow-Rhythmus knallt, die hochgepitchten Chants hypnotisieren. Die Berner Jungs wollen Spass haben, also «muetterfigg e Tschugger». (RJ)




Dawill und Cobees Single «Tschugger» gibt’s auf allen gängigen Streamingplattformen.

12. Sam Himself «Slow Drugs»

Sam Himself bezeichnete seine Musik einst selbst liebevoll als „Stadion-Schlafzimmer-Balladen“. Beim Song «Slow Drugs» kann man dies sehr gut nachvollziehen, in dem er mit seiner tiefen markanten Stimme melancholische Klänge anschlägt. Gepaart mit einem zu Beginn minimalistisch anmutenden Song, eröffnet sich nach und nach die Stärken des Songs, welcher toll arrangiert, aber nicht überladen wirkt. So wirken alle eingesetzten Elemente essentiell. «Slow Drugs» ist gemäss Sam Himself eine Ode an eine spezielle Zeit in seinem Leben. (SK)

Sam Himselfs Slow Drugs gibt’s auf Bandcamp sowie allen gängigen Streamingplattformen.

11. Mnevis «Moviestar»

Letztes Jahr veröffentlichten die Herren von Mnevis ihre Debüt-LP Episodes – ein Langspieler, der wie ein guter Wein über Jahre herangereift ist. Mit «Moviestar» legte das Quartett 2020 nach und sorgte für einen alternativen Spätsommer-Hit, der stimmungstechnisch irgendwie zum Pandemie-Jahr passt. Verträumte Gitarren à la Real Estate und Mario Hännis Stimme sorgten zumindest vorübergehend für ganz viel Fernweh: einfach mnagisch. (BG)

Mnevis› Single «Moviestar» erschien über Red Brick Chapel, gibt’s auf Bandcamp sowie allen gängigen Streamingplattformen.

10. Cyril Cyril «Al Boustan»

«Yallah Yallah» klingts aus Genf: Das Duo Cyril Cyril, welches auch hinter dem tollen Record Label Les Disques Bongo Joe steht, veröffentlichte dieses Jahr eine Platte, die zwischen trancegetriebenen World-Grooves und psychedelischen Klangerzählungen wechselt. Mit hypnotischer Perkussion, Banjo und Orgel sorgen Cyril Cyril auf «Al Boustan» für einen Sound, der gerade so gut von einer ihrer Label-Compilations mit verschollenen Perlen des Berberlandes stammen könnte. Ein umwerfendes Klangbild, welches zu einem Tanz der Emotionen einlädt – von Wut und Kampf, über Lust und Leben. (SG)

Cyril Cyrils Album Yallah Mickey Mouse erschien über Les Disques Bongo Joe und Born Bad Records, gibt’s auf Bandcamp, im eigenen Plattenladen sowie allen gängigen Streamingplattformen.

09. Manuel Stahlberger & Bit-Tuner «Dureringe»

Seit Jahren zeichnet sich der St. Galler Musiker und Produzent Bit-Tuner nicht nur als Solokünstler, sondern ebenfalls als Mitstreiter in Manuel Stahlbergers Band aus. Für dessen neues Album haben sich die beiden Tausendsassas offiziell gemeinsam an die Produktion neuer Songs gewagt und auf I Däre Show clevere Texte mit schweren, repetitiven Beats kombiniert. Die Single «Dureringe» klingt dabei wie ein pre-apokalyptischer Soundtrack, welcher wie die Faust auf das Auge dieses Corona-Jahres passt. (KM)




Manuel Stahlberger & Bit-Tuners I Däre Show gibt’s auf CeDe.ch und allen gängigen Streamingplattformen.

08. Dachs «Si Händ dä Schlagzüger us Dä Band Grüert»

Mit wild hin- und her schwingenden elektronischen Beats, weichen Synthesizermelodien und dem natürlich hochgepitchtem Gesang im Refrain, gibt Dachs dem ehemaligen Schlagzeuger in «Si Händ dä Schlagzüger us Dä Band Grüert» die letzte Ehre. Was das Duo lyrisch beschreiben, geht tief unter die Haut und das Mitleid ist mit dem unbekannten Schlagzeuger, der nach dem Rauswurf aus der Band nun daheim zu den Radiohits von Dachs spielt, ist gross. Dennoch zeigt Dachs in diesem Song sowie vielen anderen auf ihrem neuen Album, dass sich Erfolg auch ganz anders und bescheiden feiern lässt. Zum Glück (für DACHS) hat sich das Duo seit Längerem für den Drumcomputer entschieden. (SG)

Dachs› Zu Jeder Stund En Vogelgsang erschien über Mouthwatering Records, gibt’s auf Bandcamp, im eigenen Merch-Webshop sowie allen gängigen Streamingplattformen. Unseren Review zum Album findest du hier.

07. Panda Lux «Karambolage»

Hört man das neue Album Fun Fun Fun der St. Galler Panda Lux, so wird einem nicht nur bewusst, welchen gewaltigen Sprung die Jungs musikalisch seit ihrem Debüt gemacht haben, sondern auch wie gut dieses Album wirklich ist. Auch beim Albumhighlight «Karambolage» wird nichts dem Zufall überlassen. Auf spielerisch leichte und doch durchaus durchdachte Weise zeigen die Pandas ihr neues Kleid und machen Spass. (KM)

Panda Luxs Fun Fun Fun erschien gibt’s auf Bandcamp, im eigenen Merch-Webshop sowie allen gängigen Streamingplattformen.

06. Jeans For Jesus «liechter»

Jeans For Jesus lieferten mit ihrem 3. Album den zeitgenössischen Soundtrack zum digitalen Zeitalter. Auch auf diesem trifft Hyperpop auf zukunfts- und gesellschafts kritische Inhalte. Trotzdem merkt man, dass Jeans For Jesus mehr wollen, vor allem mehr Pop. So gibt’s auf dem Album neben den mehrdimensionalen Botschaften auch Platz für vom Pop glorifizierte Teenagergefühle. Vor allem auf dem ultra-eingängigen Hit «liechter», welcher in Kollaboration mit der einen Hälfte des Pop-Rap Duos Hainan entstand, wird dieses Gefühl des unbändigen Teenagerseins mehr als fühlbar. (SG)




Jeans For Jesus› 19xx_2xxx_ erschien über Universal Music, gibt’s im eigenen Merch-Webshop sowie allen gängigen Streamingplattformen. Unser Review zum Album findest du hier.

05. GeilerAsDu «Hologramm»

Die Luzerner Truppe GeilerAsDu ist schon lange für ihre musikalische Vielfalt und ausgeklügelte Texte bekannt. Doch auf «Hologramm» erklingen sie in einem bisher ungewohnten Gewand. So startet der Track äusserst sanft, um sich dann mit subtilen Reggaeton-Beats als feinster Popsong zu präsentieren. Der musikalische Ausflug der Luzerner wusste uns zu begeistern! (SK)




«Hologramm» ist Teil der Playlist Fyre Festival Diaires, welche auf Spotify und Apple Music zu finden ist.

04. Kush K «Forever Only»

Schon als «Forever Only» im ersten Monat des Jahres 2021 erschien, waren sich viele der Orange Peel Schreiber*innen einig: Die Vorabsingle zum Debütalbum des Zürcher Quartetts wird sich auf den internen Jahresbestenlisten weit vorne wiederfinden. Mit dem vorwärtspeitschenden Drumbeat, dem repetitiven Basslauf und dem eingängigen Refrain ist Kush K eine regelrechte Hymne gelungen. (KM)

Kush Ks Lotophagi erschien über BlauBlau Records, gibt’s auf Bandcamp sowie allen gängigen Streamingplattformen.

03. Sirens of Lesbos «Cobra»

Einst als ein für den Dancefloor gestaltetes Projekt gegründet, hat sich die Berner Combo Sirens Of Lesbos im Verlaufe der letzten Jahre mit kreativen World-Pop Perlen auszuzeichnen begonnen. Diese Klänge verfeinerten und sammelten sie dieses Jahr auf ihrem Debütalbum SOL, auf welchem der Track «Cobra» speziell heraussticht. Der Song zeichnet sich durch ein bestechendes Rhythmusgewand aus, über welches die Schwestern Nabyla und Jasmina Serag mit gewohnt sanftem R’n’B-Gesang sinnieren. (KM)

Sirens of Lesbos Sol gibt’s auf Bandcamp, als Merch im eigenen Webshop sowie allen gängigen Streamingplattformen.

02. Frederik «Portraits»

Mit verträumten Harmonien und psychedelischen Gitarrenriffs erzielten Frederik mit Potraits eine introvertierte Lo-Fi Popperle, welche sogar von Slow Dives Beachtung fand. Kein Wunder also betitelten wir das Trio erst kürzlich als eine der unscheinbarsten, aber vielversprechensten Bands der Schweizer Popwelt. Ob sich das im neuen Jahr ändert ist noch ungewiss. Das Album zur bereits auf dem dännischen Label Visage veröffentlichten Leadsingle soll aber spätestens dann folgen. (SG)




Frederiks Single «Portraits» erschien über Visage und gibt’s auf allen gängigen Streamingplattformen. Das gleichbetitelte Album folgt nächstes Jahr. Unseren Review zur Single findest du hier.

01. Alois «After Life»

Kaum eine andere Platte machte es dieses Jahr so einfach aus dem tristen (Lockdown-) Alltag auszubrechen, wie das neue Album Azul von Alois. Getrieben von unendlicher Sehnsucht, synthlastigen elektronischen Beats und exotischen Gitarrenriffs, widmeten sich Alois auf ihrem neuen Album hybridem Pop für die Tanzfläche mit Karibikeinschlag. Der Song «After Life» geht mit unerschrocken rhythmischen und detailverliebten Instrumentationen und einem Hauch positiver Melancholie sogar noch einen Schritt weiter in Richtung Nachtleben. (SG)

Alois Azul erschien über Red Brick Chapel, gibt’s auf Bandcamp, im Red Brick Chapel Webshop oder allen gängigen Streamingplattformen. Unseren Review zum Album findest du hier.

Alle Songs sowie 40 weitere bemerkenswerte Releases findest du in dieser Spotify Playlist und alle Bandcamp Releases in dieser Buymusic.club Playlist.